Rede von Roswitha Arnold zum Beschluss des Haushalts 2022

In der Ratssitzung vom 13. Dezember 2021 beriet der Leverkusener Stadtrat über den Haushalt für das Jahr 2022. Hier finden Sie die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Roswitha Arnold im Wortlaut.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Zuhörer*innen,

nach wie vor müssen wir uns mit der Corona-Pandemie beschäftigen.

Ich möchte meine Haushaltsrede daher zu Beginn für einen weiteren Appell an die Solidarität nutzen.

Nur wenn der Gedanke an das Gemeinwohl über das Einzelinteresse gestellt wird und sich auch die Zweifler- und Impfverweiger*innen impfen lassen, können wir die Pandemie überwinden.

Ich bitte daher alle Leverkusener Bürger*innen, die zahlreichen Impfangebote zu nutzen. Helfen Sie mit, die gefährdeten und kranken Menschen zu schützen, die Schließung vor allem von Kindergärten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen zu verhindern und das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten.

Neben der Corona-Pandemie haben uns zwei weitere Ereignisse in diesem Jahr geprägt: die Explosion in Bürrig und die Flutkatastrophe.

Um zu verhindern, dass sich Schadenereignisse wie die Explosion in Bürrig mit sieben Toten und 31 Verletzten nicht wiederholen, müssen die Currenta, die Bezirksregierung und die Landesregierung ihrer Verantwortung nachkommen.

Wir GRÜNE werden uns sowohl hier in Leverkusen als auch auf Landesebene weiter für die berechtigten Schutzinteressen der Leverkusener Bevölkerung einsetzen.

In Bezug auf die Flutkatastrophe ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Stadt besser gerüstet ist für zukünftige Extremwetterlagen. Gemeint sind nicht nur Regenfluten und Hochwasser, sondern auch anhaltende Hitze- und Dürreperioden.

Schon seit vielen Jahren fordern wir, mehr zu tun. Die im Herbst vorgelegte Leitlinie der Stadt zur Verbesserung des Hochwasserschutzes ist eine gute Grundlage.

Im Jahr 2022 müssen aber endlich auch konkrete Maßnahmen folgen. Wir werden die Arbeiten konstruktiv unterstützen und setzen darauf, dass wir für die erforderliche Umgestaltung der Stadt nun auch Mehrheiten finden.

Die Schwammstadt leistet einen wesentlichen Beitrag zur Verminderung der Auswirkungen von Starkregen- und Dürre-Ereignissen.

Daher freuen wir uns, dass sich auch weitere Fraktionen nunmehr mit den von uns bereits vor zwei Jahren geforderten Schwammstadt-Konzepten beschäftigen wollen.

Uns ist bewusst, dass eine Schwammstadt nur ein Baustein von mehreren sein kann.

Auch die zu Beginn des Jahres von uns geforderte Grünsatzung soll dazu beitragen, die Bürger*innen zu schützen und die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Stadt zu verbessern.

Verärgert müssen wir jedoch feststellen, dass das zu Beginn des Jahres mehrheitlich beschlossene Gutachten bis heute nicht vorliegt. Wir fordern daher erneut, die Planungen zur Erstellung eines Entwurfs endlich aufzunehmen.

Die Anpassung an den Klimawandel beseitigt die Ursachen nicht.

Auch die Maßnahmen zum Klimaschutz müssen wir deshalb deutlich verstärken. Mit dem Antrag zur klimaneutralen Energieversorgung in Leverkusen bringen wir die Energiewende voran. Mit der EVL wissen wir eine starke Partnerin an unserer Seite.

Ziel ist eine Versorgung mit regenerativem Strom und Wärme bis spätestens 2033. Hierzu muss auch der Ausbau der Photovoltaik deutlich beschleunigt werden.

Wir benötigen dringend konkrete Ausbauziele und einen verbindlichen Fahrplan. Dafür machen wir uns stark.

Uns ist bewusst, dass hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen vorhanden sein müssen und setzen auf die neue Bundesregierung. Frischer Wind in und aus Berlin soll auch die konkrete Umsetzung in Leverkusen beflügeln.

Beim Klimaschutz kommt es auf uns alle an. Auch deshalb ist uns die Bildung für nachhaltige Entwicklung so wichtig.

Diese Förderung wollen wir deutlich intensivieren. Hierzu gibt es bereits viele gute Ansätze.

Um die zahlreichen Angebote zu bündeln und aufeinander abzustimmen, wollen wir vor allem die Koordinierungsstelle stärken.

Die Teilhabe an Bildung setzt hinreichende Sprachkenntnisse voraus. Mit einer konsequenten Sprachförderung wollen wir für die erforderliche Bildungsgerechtigkeit sorgen. Bildungsgerechtigkeit erfordert darüber hinaus einen Zugang zu digitalen Angeboten für alle. Daher wollen wir vor allem die Digitalisierung der Schulen vorantreiben.

Eine weitere Baustelle bleibt der geplante Autobahnausbau. Auch wenn es immer wieder infrage gestellt wird: Die große Mehrheit der Fraktionen im Rat ist sich einig; mehr als 85 Prozent der Wähler*innen stehen hinter „Keinen Meter mehr“.

Einen krakenartigen oberirdischen Ausbau, der den Flächenfraß und die Lärm- und Schadstoffbelastung der Bürger* auf unerträgliche Weise verschärft, wollen wir nicht.

Wir wollen, dass der Bund eine Alternative vorlegt, die den berechtigten Interessen der Stadt entspricht.

Diese Interessen haben wir deutlich formuliert. Solange beim Bund kein Umdenken erfolgt, gehen wir weiter gemeinsam gegen die bestehenden Planungen vor. Dies bringen wir mit der geplanten Informationskampagne zu „Keinen Meter mehr“ zum Ausdruck, die im kommenden Jahr startet.

Obwohl sich Herr Wissing eher als „Anwalt der Autofahrer“ versteht, wird er sich als neuer Verkehrsminister an die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans zu halten haben, und wir erwarten, dass er unseren Widerstand unterstützt und die weiteren Planungen zum Ausbau von A1 und A3 und auch die Planungen für den Lkw-Rastplatz stoppt. Vor allem von Gesundheitsminister Lauterbach erwarten wir, dass er die Interessen der Stadt Leverkusen nachdrücklich vertritt. Am Kabinettstisch ist der Weg zu Herrn Wissing kurz.

Wir haben viel zu tun. Für die vielen anstehenden Aufgaben braucht die Verwaltung gutes Personal.

Wir stehen nicht nur im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft, sondern auch mit den anderen Kommunen. Hinzu kommt die demographische Entwicklung.

Mit unseren Anträgen zur Schaffung einer Arbeitgebermarke und dem Mentoring Programm wollen wir die Stadt dabei unterstützen, erfolgreich Fachpersonal einzustellen und an die Stadt zu binden. Aber auch die bereits beschäftigten Mitarbeiter*innen müssen geschätzt und gefördert werden – hierzu zählen die Möglichkeit selbständigen Arbeitens, Aufstiegschancen und auch eine angemessene Bezahlung für die geleistete Arbeit.

Die von uns gemachten Vorschläge werden von der Stadt begrüßt, und ich freue mich über Ihre Zustimmung, im kommenden Turnus hierzu Maßnahmen zu beschließen.

Bei der Stadtteilentwicklungsgesellschaft sind die personellen Weichen gestellt. Für das kommende Jahr erwarten wir die ersten inhaltlichen Akzente und konkreten Schritte auch zur Revitalisierung der City C.

Das Baudezernat hat schon ohne die besonderen Herausforderungen nach der Flut ein mehr als umfangreiches Programm zu bearbeiten, das von allen Mitarbeiter*innen trotz aller Widrigkeiten und Anfeindungen mit Freude und Leidenschaft umgesetzt wird. Stellvertretend für alle bedanken wir uns bei Ihnen, Frau Beigeordnete Deppe und ebenso bei Frau Kümmel und Herrn Karl für diesen Einsatz!

Übrigens: Der von Ihnen gemachte Imagefilm ist ganz wunderbar geworden – ich würde sofort bei Ihnen anfangen wollen!

In meiner letzten Haushaltsrede habe ich gesagt, dass die „Pandemie wie ein Brennglas“ auf Probleme zeigt.

Im Sportpark hat die Pandemie gezeigt, wie wichtig die Angebote im Breitensport sind und dass es unser aller Engagement sein muss, den Sportpark mit seinen Einrichtungen gut auszustatten.

In der Kultur haben wir mit den im vergangenen Jahr beschlossenen Sondertöpfen Solokünstler*innen und ihre Programme und Veranstaltungen in ihrem Kampf ums Überleben unterstützt – und so einen Kahlschlag nach dem Lockdown verhindern können.

Dank großen persönlichen Einsatzes aller Beschäftigten und zum Teil technischer Lösungen konnten die Angebote der Musikschule, der VHS, der Bibliothek weitgehend aufrechterhalten werden.

Im Forum hingegen blieben die Bühnen fast während des gesamten Jahres unbespielt. Kein Theater, kein Konzert – die ausgezeichnete Arbeit der Verantwortlichen, Kultur erlebbar zu machen: alles umsonst.

Seit der unsäglichen Schließungsdiskussion haben sich eine Reihe von Menschen für den Erhalt des Museums Morsbroich eingesetzt – und mussten zur Kenntnis nehmen, dass fast jeder Baustein aus dem Standortgutachten zerbröselte. Immer noch verärgert bin ich, dass der Entwurf zum Schlosspark einer Diskussion um kleinste Details zum Opfer gefallen ist. Einmal mehr zeigte sich, dass wir offensichtlich nicht in der Lage sind, Konzepten und Entwürfen, die mit großer Mehrheit verabschiedet worden sind, auch Taten folgen zu lassen.

Vielleicht schaffen wir mit dem neuen Leiter des Museums doch noch einen Neustart und eine größere Freiheit für die Kunst – namens unserer Fraktion sage ich Herrn van den Berg unsere volle Unterstützung zu.

Ebenfalls freue ich mich, dass wir mit Herrn Dr. Hinken in der VHS und Herrn Dr. Leonhard im Archiv engagierte Leitungen gewinnen konnten.

Die Wirtschaftspläne von Sportpark und KulturStadtLev sind seit Jahren strukturell unterfinanziert – im kommenden Jahr werden wir uns damit beschäftigen und für künftig gesicherte Lösungen Sorge tragen.

Wir GRÜNE haben uns stets dafür eingesetzt, dass unser Handeln inhaltlich und finanziell nachhaltig ist, Investitionen zukunftsfähig sind und die Unterhaltung städtischer Gebäude und Einrichtungen auskömmlich ist.

Dabei haben wir in den vergangenen Jahren den Fokus ebenfalls auf die Haushaltskonsolidierung gerichtet und den aus dem Stärkungspakt resultierenden Vorgaben Rechnung getragen.

Mit vereinten Kräften haben wir es geschafft, einen Kahlschlag zu verhindern und trotz der Restriktionen in die Zukunft unserer Stadt zu investieren.

Im Jahr 2022 endet der Stärkungspakt – nicht aber unser Bemühen, den städtischen Haushalt auch künftig auszugleichen. Die Rahmenbedingungen für den zu verabschiedenden Etat, Pflichtleistungen, bereits beschlossene Maßnahmen sowie die Auswirkungen der Flutkatastrophe lassen keinen Spielraum für weite Sprünge – in Anerkennung dieser Fakten haben wir darauf verzichtet, Haushaltsanträge zu stellen und richten unser Augenmerk auf die von der Verwaltung vorzulegenden Maßnahmen aus den unterschiedlichen Arbeitsprogrammen. Die müssen aber auch geliefert werden!

Dem vorgelegten Haushaltsentwurf und dem Stellenplan stimmen wir zu.

Schließen möchte ich mit einem Dank unserer Fraktion für die vielfältig gewährte Unterstützung an Herrn Oberbürgermeister Richrath, Herrn Stadtdirektor Adomat, Herrn Kämmerer Molitor, Frau Beigeordnete Deppe und Herrn Lünenbach sowie an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung.

Schöne Weihnachten für Sie alle – und ein gutes Jahr 2022.

Bleiben sie gesund.

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